Die Debatte rund um Christian Lindners Hochzeit ist unerträglich
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Die Debatte rund um Christian Lindners Hochzeit ist unerträglich
Als ich vor ein paar Jahren geheiratet habe, waren die Toskana oder Sylt nicht drin. Und 140 Gäste auch nicht. Leider. Wir hätten uns gefreut, aus den Vollen schöpfen zu können was Location, Catering und Gästezahl angeht. Worauf ich allerdings nie gekommen wäre: Dass es irgendwie anstößig ist, wenn jemand, der oder die es sich leisten kann, diesen speziellen Tag im gemeinsamen Leben entsprechend groß feiert. Ich gönne es jedem, bei seiner Hochzeit oder irgendeiner anderen Feier groß auffahren zu können. Doch in diesen Tagen frage ich mich beim Blick in die Medien, ob ich damit alleine bin.
Als ich vor ein paar Jahren geheiratet habe, waren die Toskana oder Sylt nicht drin. Und 140 Gäste auch nicht. Leider. Wir hätten uns gefreut, aus den Vollen schöpfen zu können was Location, Catering und Gästezahl angeht. Worauf ich allerdings nie gekommen wäre: Nun hat also Christian Lindner, seines Zeichen FDP-Chef und Bundesfinanzminister, geheiratet. Auf Sylt und mit 140 Gästen. Das sollte nicht mehr sein als eine Randnotiz. Eine Information, die vielleicht wichtig ist für diejenigen, die seinen Wikipedia-Eintrag pflegen. Aber Deutschland im Jahr 2022 debattiert ernsthaft darüber, ob es in diesen Zeiten angemessen ist, in einem solchen Rahmen und einer solchen Größenordnung zu heiraten. Mich macht diese Debatte ernsthaft fassungslos, zumal sich an ihr auch hochrangige und reichweitenstarke Journalistinnen und Journalisten beteiligen. Dass dazu mit Falschmeldungen rund um Kürzungen im Sozialetat die Wahrnehmung befördert wurde, Lindner lasse sozial Schwache ausbluten, während er auf Sylt Champagner schlürft, empfinde ich als gefährlich, wenn nicht bösartig. Habt Ihr echt nichts Besseres zu tun, liebe Leute?
Als ich vor ein paar Jahren geheiratet habe, waren die Toskana oder Sylt nicht drin. Und 140 Gäste auch nicht. Leider. Wir hätten uns gefreut, aus den Vollen schöpfen zu können was Location, Catering und Gästezahl angeht. Worauf ich allerdings nie gekommen wäre: Dieser Stil, dieser Furor, beschädigt die demokratische Kultur in unserem Land. Worüber empört sich dieses Land eigentlich? Und zwar in einem Maße, das manche sogar dazu aufrufen, die Hochzeit zu stören. Das Ehepaar Lindner hat die Hochzeit ja nicht im Dienstsitz oder in einer Sommerresidenz der Regierung abgehalten, wie es der gerade halb zurückgetretene britische Premier Boris Johnson Ende Juli plant. Und dass der Finanzminister in Deutschland 24 Stunden unter Personenschutz steht – natürlich auch, wenn er ausnahmsweise einmal heiratet -, ist nun wirklich nicht sein Fehler, sondern den Umständen geschuldet. Wer derart Stimmung macht, sollte sich Fragen, welcher Rolle er oder sie in diesen Fragen spielt. Man muss nur nach Japan schauen, um zu wissen, dass es leider notwendig ist, Spitzenpolitikerinnen und -politiker zu schützen.
Als ich vor ein paar Jahren geheiratet habe, waren die Toskana oder Sylt nicht drin. Und 140 Gäste auch nicht. Leider. Wir hätten uns gefreut, aus den Vollen schöpfen zu können was Location, Catering und Gästezahl angeht. Worauf ich allerdings nie gekommen wäre: Wenn man sich dieser Tage über ein Regierungsmitglied aufregen will, dann liefert Manuela Schwesig Anlass genug, die gerade persönlich erfolglos geklagt hat und nun die Kosten nicht selbst übernimmt, sondern die Überweisung aus der Landeskasse vornehmen ließ. Von den sonstigen Volten rund um Nord Stream 2 ganz abgesehen. Man könnte sich auch über das Versagen zahlreicher Politikerinnen und Politiker rund um die documenta aufregen. Aber nein, Christian Lindners Hochzeit muss es sein. Was fällt dem Mann aber auch ein, in der FDP und offenbar trotzdem ein glücklicher Mensch zu sein?
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Was die Lindners mit ihrem ehrlich erworbenen Geld anfangen, das geht niemanden etwas an. Aber selbst wenn nun der öffentlich Druck dafür gesorgt hätte, dass die Hochzeit abgesagt oder kleiner geplant worden wäre, wem hätte das denn geholfen? Wenn wir nun alle den Konsum einstellen, kommt die Rezession ganz bestimmt. Und wen die als erstes trifft, das lässt sich in den Geschichtsbüchern nachlesen.
Natürlich müssen Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker mehr aushalten als durchschnittliche Menschen. Das wissen sie, darauf haben sie sich eingelassen. Und natürlich ist das Privatleben auch nicht völlig tabu, weil es eben manchmal auch automatisch den politischen Bereich tangiert. Wer sich besonders christlich gibt und öffentlich seiner Partnerin die Treue schwört, muss damit leben, wenn seine Seitensprünge öffentlich debattiert werden, um ein Beispiel zu nennen. Genau um einen solchen Fall geht es aber hier nicht. Man muss die FDP nicht mögen und die Politik Lindners nicht unterstützen, um ihm trotzdem ein wenig Privatsphäre zu gönnen. In diesem Sinne: Auf das Brautpaar!
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